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Mandanteninformationen für Steuerpflichtige im Privatbereich August 2017


Liebe Mandantin, lieber Mandant,


auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden. Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne!

Mit steuerlichen Grüßen


Inhalt

1.

Erlaubte Nebentätigkeit: Eine fristlose Kündigung ist unwirksam

2.

Unentgeltliche Übertragung: Bei Vorbehaltsnießbrauch nicht mehr steuerneutral

3.

Behinderten-Pauschbetrag: Ist eine hälftige Übertragung bei der Einzelveranlagung von Ehegatten möglich?

4.

Photovoltaikanlage: Gewinnerzielungsabsicht trotz negativer Ertragsprognose?

5.

Gesundheitsvorsorge: Sensibilisierungswoche ist nicht steuerfrei

6.

Betriebliche Nutzung einer Ehegatten-Immobilie: Auf die richtige Vertragsgestaltung kommt es an

7.

Rückwirkendes Ereignis: Was gilt bei der Rückabwicklung eines nicht komplett erfüllten Vertrags?

8.

Zivilprozesskosten: Sind sie außergewöhnliche Belastungen oder nicht?

9.

Modernisierung = höhere Miete? Das muss nicht zwingend so sein

10.

Grundsteuer: Kein Vorwegabzug für gewerblich genutzte Einheiten

11.

Nachbars Garten: Wie hoch darf eine Hecke sein?

12.

Nachbars Grund und Boden: Wärmedämmung darf die Grundstücksgrenze grundsätzlich nicht überschreiten

13.

Wenn die Berufungsbegründung auf dem Postweg verloren geht

14.

Schneller als die Richtgeschwindigkeit = Teilschuld? Das gilt nicht automatisch



1. Erlaubte Nebentätigkeit: Eine fristlose Kündigung ist unwirksam

Mit einer Nebentätigkeit sollte man es nicht übertreiben – sonst droht Ärger mit dem Arbeitgeber. Allerdings ist eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung nicht zulässig.

Hintergrund

Die Klägerin war seit 2004 bei der Rechtsanwaltskammer als Geschäftsführerin beschäftigt. Im Arbeitsvertrag war vereinbart, dass sie eine Rechtsanwaltskanzlei führen und Veröffentlichungen und Vorträge mit Zustimmung der Rechtsanwaltskammer tätigen darf.

Der Arbeitgeber warf der Klägerin vor, seine Ressourcen für die Nebentätigkeiten in unzulässiger Weise in Anspruch genommen zu haben und kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 5.11.2015 fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 30.6.2016.

Entscheidung

Die Kündigungsschutzklage der Geschäftsführerin hatte Erfolg. Zum einen war der Klägerin erlaubt gewesen, die Arbeitskräfte der Rechtsanwaltskammer für Vorträge und Veröffentlichungen zu nutzen. Diese Rechtfertigung konnte der Arbeitgeber nicht wiederlegen. Zum anderen übte die Klägerin ihre umfangreiche Nebentätigkeit als Anwältin offen und transparent aus. Diese bezog sich auch auf berufsspezifische Themen, die Teil ihrer Tätigkeit als Hauptgeschäftsführerin waren.

Da der Klägerin die Nebentätigkeit erlaubt war, bedurfte es nach Auffassung des Gerichts vor der Kündigung einer Abmahnung. Dies gilt auch für den Fall, dass sie in einem zu großen Umfang auf die Ressourcen des Arbeitgebers zurückgegriffen haben sollte.

Die übrigen Vorwürfe der Rechtsanwaltskammer rechtfertigen in den Augen des Gerichts ebenfalls keine fristlose Kündigung.

2. Unentgeltliche Übertragung: Bei Vorbehaltsnießbrauch nicht mehr steuerneutral

Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Betrieb steuerneutral übertragen werden. Das gilt allerdings nicht, wenn die wesentliche Betriebsgrundlage aufgrund eines vorbehaltenen Nießbrauchs vom Übertragenden weiterhin gewerblich genutzt wird. In diesem Fall liegt keine gewinnneutrale Betriebsübertragung vor.

Hintergrund

M ist Eigentümerin eines bebauten Grundstücks. In dem Gebäude befinden sich eine Gaststätte sowie vermietete Wohnungen und Büros. Die Einkünfte aus der Verpachtung der Gaststätte erklärte sie als gewerbliche Einkünfte. Im Jahr 2005 übertrug M das Grundstück unter Vorbehalt eines Nießbrauchsrechts unentgeltlich auf ihren Sohn S und behandelte die Einkünfte aus der Verpachtung für dieses Jahr weiterhin als laufende gewerbliche Einkünfte. Da es sich bei dem Grundstück um die einzige wesentliche Betriebsgrundlage handelte, kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass die Übertragung zu einer Betriebsaufgabe führte und deshalb ein Aufgabegewinn entstand. Ab der Übertragung erzielte M Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Dieser Auffassung folgte das Finanzgericht und wies die Klage der M ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bestätigte das Finanzgerichtsurteil.

Zwar kann auch ein ruhender, verpachteter und noch nicht aufgegebener Betrieb Gegenstand einer gewinnneutralen Betriebsübertragung sein. Die entsprechende Regelung setzt allerdings zusätzlich voraus, dass der Übertragende seine bisherige gewerbliche Tätigkeit einstellt. Daran fehlt es hier. Denn M verpachtete bzw. vermietete die einzige wesentliche Betriebsgrundlage, das Grundstück, aufgrund des ihr vorbehaltenen Nießbrauchs weiterhin selbst.

Die wirtschaftliche Einheit, die bewahrt werden soll, ist untrennbar mit der Tätigkeit des Betriebsinhabers verbunden. Ist der frühere Betriebsinhaber weiterhin unter Einsatz des übertragenen Betriebsvermögens tätig, kann daher die wirtschaftliche Einheit nicht übergegangen sein. Behält sich der Eigentümer den Nießbrauch vor, ist damit – solange der Nießbrauch besteht – die wirtschaftliche Einheit nicht gegeben und der Grund für eine steuerneutrale Betriebsübertragung nicht erfüllt. Dementsprechend handelt es sich bei der Übertragung des Grundstücks um eine gewinnrealisierende Entnahme, die zur Aufdeckung der stillen Reserven führt.

3. Behinderten-Pauschbetrag: Ist eine hälftige Übertragung bei der Einzelveranlagung von Ehegatten möglich?

Ist bei der Einzelveranlagung von Ehegatten die Übertragung des hälftigen Behinderten-Pauschbetrags eines Ehegatten auf den anderen Ehegatten zulässig? Das Thüringer Finanzgericht meint Ja.

Hintergrund

Der verheiratete Kläger beantragte für das Jahr 2014 die Einzelveranlagung und – übereinstimmend mit seiner Ehefrau – die Aufteilung von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen.

Bei der hälftigen Berücksichtigung des Behinderten-Pauschbetrags der Ehefrau bei dem Ehemann machte das Finanzamt jedoch nicht mit. Denn eine hälftige Aufteilung des Behinderten-Pauschbetrags ist nach aktueller Rechtslage nicht möglich.

Entscheidung

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass der Kläger und seine Ehefrau dazu berechtigt sind, den hälftigen Behinderten-Pauschbetrag der Ehefrau auf den Kläger zu übertragen. Im Gesetz ist geregelt, dass Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen demjenigen Ehegatten zugerechnet werden, der die Aufwendungen wirtschaftlich getragen hat. Abweichend davon werden sie auf übereinstimmenden Antrag der Ehegatten jeweils zur Hälfte abgezogen. Diesen Antrag hatten der Kläger und seine Ehefrau vorliegend gestellt.

4. Photovoltaikanlage: Gewinnerzielungsabsicht trotz negativer Ertragsprognose?

Auch wenn eine negative Ertragsprognose vorliegt, können die Verluste aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage trotzdem anerkannt werden.

Hintergrund

Der Kläger erzielte aus dem Betrieb von 2 Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) gewerbliche Einkünfte. Im Streitjahr erwirtschafteten die beiden PV-Anlagen Verluste, die der Kläger steuerlich geltend machte. Das Finanzamt verlangte vom Kläger einen Nachweis seiner Gewinnerzielungsabsicht anhand einer Überschussprognose für einen Zeitraum von 20 Jahren. Der Kläger wies zwar darauf hin, dass die Anlagen 35 Jahre Strom erzeugen könnten, mangels eines Totalgewinns innerhalb der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 20 Jahren erkannte das Finanzamt jedoch die gewerblichen Verluste nicht an. Dagegen wehrt sich der Kläger mit seiner Klage.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab dem Kläger recht und entschied, dass eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Diese wird 2-stufig geprüft, zum einen nach der Ergebnisprognose, zum anderen nach der einkommensteuerlichen Relevanz der Tätigkeit. Im Prognosezeitraum – betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 20 Jahren – ergibt sich zwar ein Totalverlust aus dem Betrieb der Anlagen. Bei der Prüfung der einkommensteuerlichen Relevanz der Tätigkeit ergibt sich jedoch, dass die PV-Anlage in Gewinnerzielungsansicht betrieben wird. Die Richter waren nämlich davon überzeugt, dass der Kläger sich wie ein Gewerbetreibender verhalten und insbesondere versucht hatte, den Verlust gering zu halten.

5. Gesundheitsvorsorge: Sensibilisierungswoche ist nicht steuerfrei

Die Kosten einer sog. Sensibilisierungswoche, die der allgemeinen Gesundheitsvorsorge dient und keinen Bezug zu berufsspezifischen Erkrankungen hat, kann ein Arbeitgeber nicht komplett steuerfrei übernehmen. Steuerfrei bleibt nur der Freibetrag für Gesundheitszuschüsse, der Rest ist steuerpflichtig.

Hintergrund

Der Arbeitgeber bot seinen Arbeitnehmern die Teilnahme an einwöchigen Seminaren an. Diese Sensibilisierungswochen sollten die Beschäftigungs- und Leistungsfähigkeit sowie die Motivation in der Belegschaft erhalten. Die Teilnahme stand sämtlichen Mitarbeitern offen. Der Arbeitgeber übernahm die Kosten von 1.300 EUR pro Person, im Gegenzug mussten die teilnehmenden Arbeitnehmer die Fahrtkosten übernehmen und eigenes Zeitguthaben oder Urlaubstage aufbrauchen.

Das Finanzamt stufte die Kostenübernahme durch den Arbeitgeber als steuerpflichtigen Arbeitslohn ein. Der Arbeitgeber war dagegen der Auffassung, dass das Seminar im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse angeboten wurde und die übernommenen Kosten deshalb keinen Arbeitslohn darstellen.

Entscheidung

Das Finanzgericht folgte der Ansicht des Finanzamts und entschied, dass der Kostenersatz anlässlich der Sensibilisierungswochen zu Recht als Arbeitslohn eingestuft worden war. Am Arbeitslohncharakter von zugewandten Vorteilen fehlt es, wenn diese im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden und das Ausmaß der Bereicherung für den Arbeitnehmer deutlich in den Hintergrund tritt. Ein eigenbetriebliches Interesse überwiegt in der Regel bei Maßnahmen zur Vermeidung berufsbedingter Krankheiten. Eine solche Ausrichtung konnte das Finanzgericht bei den Sensibilisierungswochen jedoch nicht erkennen. Im Gegenteil, bei den Seminaren handelte es sich um allgemeine gesundheitspräventive Maßnahmen. Hierfür sprachen insbesondere das vorgelegte Prospektmaterial und das Wochenprogramm der Seminare.

6. Betriebliche Nutzung einer Ehegatten-Immobilie: Auf die richtige Vertragsgestaltung kommt es an

Nutzt ein Ehegatte einen Teil eines Gebäudes, das dem anderen Ehegatten gehört, kann der Nichteigentümer-Ehegatte nur dann die Abschreibung geltend machen, wenn er die Anschaffungskosten getragen hat.

Hintergrund

Die Eheleute erwarben gemeinschaftlich ein bebautes Grundstück. Zins und Tilgung des Darlehens, das die Ehefrau F aufgenommen hatte, wurden von einem gemeinsamen Konto gezahlt. Dieses wurde als Oder-Konto, also als Gemeinschaftskonto mit Einzelverfügungsbefugnis, geführt. Nach dem Erwerb des Grundstücks teilten die Eheleute das Anwesen in Wohnungseigentum auf. Das Erdgeschoss stand im Alleineigentum der F. Sie vermietete es zur betrieblichen Nutzung an den Ehemann M.

M machte die auf das Darlehen gezahlten Schuldzinsen, Absetzung für Abnutzung und Erhaltungsaufwendungen für die betrieblich genutzten Räume als Betriebsausgaben geltend, was das Finanzamt ablehnte. Das Finanzgericht gab der Klage statt und entschied, dass M die Aufwendungen wirtschaftlich selbst getragen hat. Dagegen wendet sich das Finanzamt mit seiner Revision.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof folgte nicht dem Urteil des Finanzgerichts, sondern entschied, dass M keine Absetzung für Abnutzung für das betrieblich genutzte Erdgeschoss als Betriebsausgaben geltend machen kann, da er diese Aufwendungen nicht getragen hat.

Das Finanzierungsdarlehen für das Gebäude wurde allein von F aufgenommen. Zahlungen zur Tilgung und für Zinsen von einem gemeinsamen Konto der Ehegatten werden jeweils für Rechnung desjenigen geleistet, der den Betrag schuldet, soweit keine besonderen Vereinbarungen getroffen wurden. Keine Rolle spielt, aus welchen Mitteln das Guthaben stammt. Danach handelt es sich bei den Zahlungen von dem gemeinsamen Konto um Aufwendungen der F. Die Zahlungen wurden für ihre Rechnung geleistet, da sie allein zur Rückzahlung verpflichtet war.

Auch die von M geltend gemachten Schuldzinsen können nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Denn diese wurden ebenfalls vom gemeinsamen Oder-Konto gezahlt und somit auf Rechnung der F als Darlehensschuldnerin geleistet.

7. Rückwirkendes Ereignis: Was gilt bei der Rückabwicklung eines nicht komplett erfüllten Vertrags?

Eine Rückabwicklung eines Vertrags, der nicht komplett erfüllt ist, gilt nun als rückwirkendes Ereignis. Dies hat der Bundesfinanzhof entschieden und damit seine bisherige Rechtsprechung geändert.

Hintergrund

Der Ehemann M der Klägerin war an mehreren Kapitalgesellschaften wesentlich beteiligt. Im Jahr 1998 verkaufte er die Anteile an eine andere Kapitalgesellschaft, bis auf einen. Der Kaufpreis wurde gestundet. Im Jahr 2001 vereinbarten die Vertragsparteien die Rückabwicklung sämtlicher Verträge. In den Jahren 2002 und 2004 erhielt M Ausschüttungen aus dem steuerlichen Einlagekonto einer GmbH. Als M verstarb, verkaufte die Klägerin die Anteile an den Kapitalgesellschaften im Jahr 2006. Aus dieser Veräußerung erklärte sie einen Gewinn von 1.887 TEUR, während die Veräußerung aus dem Jahr 1998 nach der Rückabwicklung steuerlich nicht mehr erfasst und die Zahlungen aus dem Einlagekonto 2004 nicht erklärt wurden.

Das Finanzamt war jedoch der Ansicht, dass die Veräußerungsgewinne der Klägerin unter Berücksichtigung der historischen Anschaffungskosten zu ermitteln sind, da die Rückabwicklung der Verträge auf den Zeitpunkt der Veräußerung 1998 zurückwirkt. Dementsprechend setzte es einen Veräußerungsgewinn von 3.536 TEUR für 2004 und von 10.197 TEUR für 2006 fest. Einspruch und Klage vor dem Finanzgericht blieben ohne Erfolg.

Entscheidung

Und auch der Bundesfinanzhof entschied zuungunsten der Klägerin. Die Klägerin hat in den Jahren 2004 und 2006 steuerbare Vorgänge verwirklicht, da die Rückzahlung aus dem steuerlichen Einlagekonto und die Veräußerung von Anteilen an den Kapitalgesellschaften steuerpflichtig waren. Als Veräußerungsgewinn ist dabei der Betrag anzusetzen, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt.

Anschaffungskosten sind alle die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben. Im vorliegenden Fall ist noch zu berücksichtigen, dass der erste Vertrag von 1998 niemals vollständig erfüllt wurde. Die vereinbarte Rückabwicklung der Verträge 2001 ist deshalb als ein materiell rückwirkendes Ereignis zu behandeln. Dieses wirkt in das Jahr 1998 zurück und löst keinen neuen Anschaffungsvorgang im Jahr 2001 aus.

8. Zivilprozesskosten: Sind sie außergewöhnliche Belastungen oder nicht?

Die Kosten eines Zivilprozesses können grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen abgesetzt werden. Das gilt auch für Fragen des Unterhalts und den Umgang mit den Kindern. Seine bisherige Rechtsprechung bestätigte der Bundesfinanzhof mit diesem Urteil.

Hintergrund

Die Kläger waren Eheleute, die aufgrund verschiedener rechtlicher Fragen zivilrechtliche Auseinandersetzungen mit dem jeweiligen Ehepartner aus einer ersten geschiedenen Ehe hatten. Insbesondere wurde über Unterhalt und den Umgang mit Kindern gestritten. In den Einkommensteuererklärungen machten die Kläger Gerichts- und Anwaltskosten sowie weitere Aufwendungen im Zusammenhang mit den Rechtsstreitigkeiten als außergewöhnliche Belastungen geltend. Diese erkannte das Finanzamt aber nur zu einem sehr geringen Teil an. Das Finanzgericht zeigte sich deutlich großzügiger und ließ einen überwiegenden Teil der Kosten zum Abzug zu.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob jedoch die Entscheidung des Finanzgerichts auf und versagte den Abzug der Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen.

Außergewöhnliche Belastungen sind nur dann anzuerkennen, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Anzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen.

Es muss sich also um Kosten handeln, denen sich der Steuerpflichtige aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Darüber hinaus müssen die Aufwendungen im Einzelfall notwendig und angemessen sein. Bei den Kosten eines Zivilprozesses ist davon normalerweise nicht auszugehen. Nur wenn die Kosten existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich des menschlichen Lebens berühren, kommt ein Abzug als außergewöhnliche Belastungen in Betracht. Diese Voraussetzungen waren im vorliegenden Fall aber nicht erfüllt.

9. Modernisierung = höhere Miete? Das muss nicht zwingend so sein

Nur weil ein Vermieter eine Wohnung modernisiert, kann er nicht einfach eine höhere Miete verlangen. Um mehr Miete zu bekommen, muss er vielmehr eine Modernisierungsmieterhöhung geltend machen.

Hintergrund

Im Juni 2009 kündigten die Vermieter zahlreicher Wohnungen an, dass die Versorgung mit Wärme und Warmwasser von Öleinzelöfen und Boilern auf eine zentrale Heizungsanlage umgestellt werden soll und dass eine Mieterhöhung von 76 EUR monatlich zu erwarten ist.

Im Dezember 2009 erschien einer der Vermieter in der Wohnung und vereinbarte mit einem Mieter u. a. eine Mieterhöhung um 60 EUR monatlich.

Von Juli 2010 bis Oktober 2012 zahlte der Mieter die um 60 EUR monatlich erhöhte Miete. Im November 2012 jedoch widerrief er sein Einverständnis mit der Mieterhöhung. Gleichzeitig verlangte er die Rückzahlung der Erhöhungsbeträge von insgesamt 1.680 EUR.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof gab dem Mieter recht und entschied, dass der Vermieter die Erhöhungsbeträge zurückzahlen muss.

Weil der Vermieter als Unternehmer den Mieter als Verbraucher in seiner Privatwohnung aufgesucht hat, handelt es sich bei der Vereinbarung um ein Haustürgeschäft. Gegen dieses stand dem Mieter ein Widerrufsrecht zu, dessen Frist allerdings nicht lief, da der Vermieter den Mieter nicht über sein Widerrufsrecht belehrt hatte. Der Mieter hat die Modernisierungsvereinbarung also fristgerecht und wirksam widerrufen. Infolgedessen kann er die gezahlten Erhöhungsbeträge zurückfordern.

Zwar hätten die Vermieter nach der Modernisierung eine höhere Miete beanspruchen können. Dazu hätten sie aber eine Modernisierungsmieterhöhung aussprechen müssen, in Textform unter Darlegung der entstandenen Kosten. Ohne eine solche Mieterhöhungserklärung schuldet der Mieter keine höhere Miete. Das gilt auch dann, wenn durch die Modernisierung der Wohnwert steigt.

10. Grundsteuer: Kein Vorwegabzug für gewerblich genutzte Einheiten

Der Vermieter darf die Grundsteuer einheitlich auf die vermieteten Einheiten verteilen. Das gilt auch dann, wenn das Gebäude teilweise gewerblich und teilweise zu Wohnzwecken genutzt wird. Ein Vorwegabzug für die gewerblich genutzten Einheiten ist nicht erforderlich.

Hintergrund

Der Kläger ist Mieter einer 136 qm großen Wohnung, die sich in einem gemischt genutzten Gebäude befindet. Auf die gewerbliche Nutzung entfallen 56 % der Flächen, der Rest wird zum Wohnen genutzt. Laut Mietvertrag werden die Betriebskosten nach dem Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen des Hauses verteilt.

Die Grundsteuer legte die Vermieterin einheitlich nach Fläche um, ohne zwischen gewerblicher Nutzung und Wohnnutzung zu unterscheiden und ohne Vorwegabzug für die gewerbliche Nutzung. Der Kläger ist der Ansicht, dass bei den Betriebskostenabrechnungen jeweils 70 % der Grundsteuer vorweg auf die gewerblichen Einheiten verteilt und den Restbetrag auf die Wohneinheiten umgelegt werden sollte. So war auch die vorherige Vermieterin verfahren. Deshalb hätten sie 210 EUR an Betriebskosten zu viel bezahlt. Diesen Betrag verlangen sie zurück.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof entschied dass die Vermieterin keine Betriebskosten zurückzahlen muss. Bei der Verteilung der Grundsteuer war kein Vorwegabzug für die gewerblich genutzten Einheiten erforderlich.

Die Grundsteuer gehört nicht zu den Betriebskosten, die von einem erfassten Verbrauch oder von einer erfassten Verursachung durch die Mieter abhängen.

Ein Vorwegabzug aus Billigkeitsgründen kommt dann in Betracht, wenn durch die gewerbliche Nutzung erhebliche Mehrkosten pro Quadratmeter entstehen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, weil es sich bei der Grundsteuer um eine ertragsunabhängige Objektsteuer handelt. Die Grundsteuer wird anhand des Einheitswerts, des Grundsteuermessbetrags und des für die Gemeinde geltenden Hebesatzes ermittelt.

Im Ergebnis muss die Vermieterin daher weder auf Basis des Einheitswertbescheids noch anhand der konkreten Einnahmen im Abrechnungsjahr ermitteln, welche Erträge auf die gewerbliche Nutzung beziehungsweise die Wohnnutzung entfallen und keinen Vorwegabzug vornehmen.

11. Nachbars Garten: Wie hoch darf eine Hecke sein?

Pflanzen im nachbarschaftlichen Garten sorgen immer wieder für Streit. So auch in einem aktuellen Fall, der vom Bundesgerichtshof entschieden wurde. Hier ging es um die Grenzbepflanzung eines Grundstücks, das tiefer liegt als das Nachbargrundstück und die Frage, von welchem Grundstück aus die zulässige Wuchshöhe gemessen werden muss.

Hintergrund

Zwischen 2 benachbarten Grundstücken in Hanglage befindet sich eine 1 m bis 1,25 m hohe Geländestufe, an der eine Mauer verläuft. Der Nachbar des unteren Grundstücks hatte entlang der Geländestufe eine Thujenhecke gepflanzt. Der Eigentümer des oberen Grundstücks verlangt, dass die Hecke zweimal jährlich auf eine Höhe von 2 m zurückgeschnitten wird, und zwar gemessen vom oberen Ende der Mauer und nicht von der Stelle, an der die Thujen aus dem Boden austreten.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Eigentümer des unteren Grundstücks die Hecke zurückschneiden muss.

Bäume, Sträucher und Hecken, die in einer geringeren Entfernung als 2 m von der Grenze eines Grundstücks stehen, dürfen nicht höher als 2 m sein. Zwar wird die zulässige Höhe der Pflanzen grundsätzlich von der Stelle aus gemessen, an der diese aus dem Boden austreten. Das gilt jedoch nicht, wenn die Pflanzen auf einem Grundstück stehen, das tiefer als das Nachbargrundstück liegt. In diesem Fall ist die zulässige Pflanzenwuchshöhe vom Bodenniveau des höher gelegenen Grundstücks aus zu bestimmen. Der Eigentümer des höher gelegenen Grundstücks kann also den Rückschnitt der Pflanzen auf 2 m gemessen vom oberen Ende der Mauer verlangen.

12. Nachbars Grund und Boden: Wärmedämmung darf die Grundstücksgrenze grundsätzlich nicht überschreiten

Wer einen Neubau plant, sollte sorgfältig darauf achten, die Grundstücksgrenze nicht zu überschreiten. Das gilt nicht nur für den Rohbau, sondern auch für die anschließende Wärmedämmung.

Hintergrund

Auf dem Grundstück des Beklagten befindet sich ein Reihenendhaus, das an der Grenze zum Grundstück der Kläger, einer Wohnungseigentümergemeinschaft, steht. An dieses Gebäude hatte ein Bauträger ein Mehrfamilienhaus angebaut, das den Wohnungseigentümern gehört. Die Giebelwand dieses Mehrfamilienhauses steht entlang der Grundstücksgrenze gut eineinhalb Meter vor. In diesem Bereich der Giebelwand brachte der Bauträger eine Dämmung an, die 7 cm in das Nachbargrundstück hineinragt. Die Dämmung soll noch verputzt und gestrichen werden.

Der Beklagte weigert sich jedoch, die Grenzüberschreitung und die beabsichtigte Maßnahme zu dulden.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof wies die Duldungsklage der Wohnungseigentümergemeinschaft ab. Für eine die Grundstücksgrenze überschreitende Wärmedämmung einer Grenzwand eines Neubaus besteht keine Duldungspflicht. Die gesetzlichen Anforderungen können nämlich für Neubauten bereits bei der Planung berücksichtigt werden. Diese sind deshalb so zu planen, dass sich die Wärmedämmung in den Grenzen des eigenen Grundstücks befindet.

Nur bei der energetischen Sanierung von Altbauten gibt es eine Duldungspflicht. Denn bei diesen, insbesondere wenn sie auf der Grundstücksgrenze stehen, war die Wärmedämmung häufig dadurch erschwert, dass der Nachbar die notwendige Zustimmung zu einem entstehenden Überbau verweigerte oder von unverhältnismäßigen finanziellen Forderungen abhängig machte.

13. Wenn die Berufungsbegründung auf dem Postweg verloren geht

Geht eine Berufungsbegründung auf dem Postweg verloren, muss das Gericht den betroffenen Anwalt vor der Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag anhören.

Hintergrund

Ein Anwalt stellte einen Wiedereinsetzungsantrag für eine Berufungsbegründung. Er trug vor, dass er den Schriftsatz ordnungsgemäß frankiert etwa eine Woche vor Fristablauf selbst in den Postbriefkasten geworfen und somit auf den Postweg gebracht hatte.

Das Oberlandesgericht wies die Berufung des Anwalts zurück. Denn im bisherigen Verlauf des Verfahrens hatte der Anwalt seine Schriftsätze immer vorab per Telefax gesendet. Dass er dies bei der Berufungsbegründung nicht tat, lässt darauf schließen, dass er die Frist schuldhaft versäumt hat. Darüber hinaus hatte es der Anwalt in seiner eidesstattlichen Versicherung versäumt, mitzuteilen, in welchen Briefkasten er den Schriftsatz eingeworfen hatte.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hob diese Entscheidung auf. Die Karlsruher Richter waren der Ansicht, dass das Oberlandesgericht nicht ausreichend beachtet hat, dass der Anwalt den Schriftsatz bereits eine Woche vor Fristablauf abgeschickt hatte. Es war gar nicht erforderlich, das Schreiben vorab per Telefax zu versenden, da ausreichend Zeit war, damit die Berufungsbegründung in der normalen Postwegzeit fristwahrend bei Gericht eingeht.

Auf jeden Fall hätte der Anwalt vor einer negativen Entscheidung angehört werden müssen, warum er sich gegen einen Faxversand entschieden hatte.

Zudem hatte eine Büroangestellte eidesstattlich versichert, dass sie sich nach 5 Fax-Fehlversuchen an das Gericht für die postalische Übermittlung entschieden hatte. Der Anwalt musste auch nicht näher erklären, in welchen Briefkasten er das Schreiben eingeworfen hatte, da bis zum Fristablauf knapp eine Woche Zeit war.

14. Schneller als die Richtgeschwindigkeit = Teilschuld? Das gilt nicht automatisch

Wer auf der Autobahn schneller als 130 km/h fährt, musste bisher bei einem Unfall damit rechnen, dass er mindestens mal eine Teilschuld bekommt. Das soll nach einem Urteil des Landgerichts Rottweil aber nicht gelten, wenn ein rechts fahrendes Fahrzeug plötzlich auf die Überholspur ausschert und es hierdurch zu einem Auffahrunfall kommt.

Hintergrund

Der Fahrer eines Pkws überholte eine Reihe von Fahrzeugen, die sich auf der rechten Spur befanden, darunter vor allem Lkw. Seine Geschwindigkeit lag 20 % über der Richtgeschwindigkeit. Plötzlich zog einer der Lkw vor das überholende Fahrzeug auf die linke Fahrspur. Doch trotz sofortiger Bremsung konnte der Fahrer einen Auffahrunfall nicht mehr verhindern. Die Fahrerin des Lkw hatte den Pkw nicht gesehen.

Die Haftpflichtversicherung des Lkw weigerte sich, den vollen Schadensersatz zu leisten. Denn bei dem Pkw sei ein Mitverschulden gegeben, weil dieser die Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen von 130 km/h um ca. 20 % überschritten habe.

Entscheidung

Das Landgericht wies jedoch die Klage der Haftpflichtversicherung des Lkw auf Zahlung eines Teilschadens ab.

Schert ein Fahrer aus seinem Fahrstreifen aus oder wechselt er den Fahrstreifen, ist ihm eine gesteigerte Sorgfaltspflicht auferlegt. Ein Ausscheren bzw. Wechseln ist nur erlaubt, wenn eine Gefährdung des nachfolgenden Verkehrs ausgeschlossen ist. Dies hatte die Fahrerin des Lkw nicht beachtet.

Auf der anderen Seite ist eine Überschreitung der Richtgeschwindigkeit nur zulässig, wenn dies zu keiner Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer führt. Kommt es bei Überschreiten der Richtgeschwindigkeit zu einem Auffahrunfall, ist normalerweise eine Mithaftung des Auffahrenden anzunehmen.

Im vorliegenden Fall trat jedoch die Betriebsgefahr des Pkw hinter der durch den Lkw verursachten Gefahrenlage zurück. Gründe hierfür sind die multiplen Regelverstöße des ausscherenden Lkw, die höhere Betriebsgefahr des insgesamt schwerfälligeren Lkw, sowie die mit maximal 20 % eher geringe Überschreitung der Richtgeschwindigkeit sowie das Fehlen weiterer dem Pkw-Fahrer zurechenbarer, gefahrerhöhender Umstände.

Nach Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verantwortungsbeiträge war deshalb von einem alleinigen Verschulden des ausscherenden Lkw auszugehen.



Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung


Stephan Gißewski
Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
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